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To disavow, or not to disavow? Eine Frage, drei Antworten

Handeln oder abwarten? Der grundlegende Disavow-Zwiespalt

Klitzekleiner Deutschkurs-Flashback: Shakespeares berühmter „Sein oder Nichtsein“-Monolog handelt von innerer Zerrissenheit. Hamlet fragt sich, ob er tätig werden und zu den Waffen greifen oder sich passiv und in Sicherheit halten soll. Enter Zeitgeist: Ist mal wieder etwas faul in Sachen Backlinks, stehen Offsite-SEOs öfters vor einer ganz ähnlichen Frage. Wir sprechen von folgender Situation: Die Analyse eines Backlinkprofils hat ergeben, dass gewisse Backlinks ein hohes DTOX-Risiko aufweisen.* Das bedeutet, dass diese Links – weil etwa von schmuddeligen und / oder black-hat-frisierten Seiten stammend – der Reputation einer Domain abträglich sein könnten. Und so auch die Rankings der Domain negativ beeinflussen könnten. Wir betonen aber sogleich: könnten. Jedenfalls: Bei einem solchen Befund stehen SEOs vor einer ähnlich schweren Wahl wie der tragische Prinz von Dänemark.

Denn einerseits können sich Domaininhaber recht leicht von Links mit hohem DTOX-Risiko distanzieren. Dafür gibt es bekanntlich die Disavow-Datei. Sie muss nach genauen Vorgaben erstellt werden, enthält die Liste der als riskant eingestuften Backlinks und teilt Google mit: Ich habe eine Bitte an dich, liebe Suchmaschine! Berücksichtige die aufgelisteten Links nicht länger, wenn es darum geht, die Suchbegriff-Platzierungen meiner Domain zu bestimmen! Andererseits muss das „Disavowen“ nicht immer sinnvoll sein, ja es kann sogar nachteilige Folgen nach sich ziehen. Deshalb empfehlen wir, die Frage ‚To disavow, or not to disavow?‘ niemals leichtfertig zu behandeln – eine Meinung, mit der wir offenbar nicht alleine dastehen. Dies zeigte sich kürzlich im tagSeoBlog, für welches wir nun den Vorhang öffnen möchten.

In dem Blog von Martin Mißfeldt wurde Anfang Januar unter dem Motto „Disavow or not?“ eine spannende Diskussion unter Branchenkennern geführt. Sinnvolle Argumente lieferten dabei beide Parteien, die im Übrigen energisch miteinander fochten: Von Autor Mißfeldt eigentlich nur als „kleine Notiz am Rande“ vorgesehen, häuften sich alsbald die Für- und Wider-Stimmen. Sogar Christoph C. Cemper, CEO der LinkResearchTools, betrat die Bühne und äußerte sich vernehmlich. Das zeigte erneut, dass das Thema ein heißes Eisen ist. Für uns Grund genug, die wichtigsten Argumente für euch zu rekapitulieren und danach selbst Stellung in dieser ‚SEO-Hamlet-Frage‘ zu beziehen. Denn, klar: Als fleißige Backlinks-Checker haben wir unsere eigenen Erfahrungen gemacht und entsprechend unsere eigene Meinung zum Thema. Doch zunächst lassen wir wie gesagt die wackeren Disputanten vom tagSeoBlog soufflieren: Sollten SEOs bei DTOX-verdächtigen Links sofort zur Waffe – also zum Google Disavow Tool – greifen oder zunächst Vorsicht walten, die Links (unter strenger Aufsicht, versteht sich) ruhen lassen?

Nicht sein lassen: Man solle brisante Backlinks grundsätzlich disavowen, denn…**

Es muss nicht immer um Linkaufbau gehen. Für den Abbau respektive die Distanzierung von (potenziell) risikobehafteten Domain-Backlinks sprach man sich im tagSeoBlog wie folgt aus:

  • Ein ‚sauberes‘ Backlinkprofil gelte als ‚schöner‘. Es lässt Domaininhaber, könnte man sagen, friedlicher schlafen – und erst recht die SEOs, welche für die Domaininhaber die Verantwortung übernehmen.
  • Es gebe schmuddelige Websites, mit denen seriöse Domaininhaber – und das darf durchaus mit einer intuitiven Abneigung erklärt werden – schlicht nichts zu tun haben wollen. Das Band, welches die Backlinks knüpfen, wäre dann subjektiv unerwünscht.
  • Man könne mit einer Disavow-Bitte nie ‚zu früh dran‘ sein, da bis zur tatsächlichen Reaktion seitens Google viel, viel Zeit verstreichen könne. Es wäre demnach verfehlt, auf eine akute Wirkung des SEO-Gegengiftes zu hoffen.
  • Zumal: Dubiose Links könnten sich als schleichendes Gift erweisen, dessen fürs Ranking ungesunde Wirkung dann so plötzlich wie gnadenlos einsetzt.
  • Erst wer verdächtig aussehende Backlinks immer sofort für ungültig erkläre, betreibe gegen eine ungewollte Verletzung der strengen Google-SEO-Richtlinien effektive Prävention. (Was man selbstredend nicht bestreiten darf.)
  • Schließlich und endlich: Die Google-Entwickler selbst, so der dezidierte Hinweis in den Kommentaren, empfehlen ganz allgemein das „proaktive Disavowen“.

Summa summarum (I): Wer sich als Inhaber einer anständigen Domain versteht, sollte (und will gemeinhin) auch für ein anständiges Backlinkprofil Sorge tragen. Erst recht, da nichts besser präventiv vor Abstrafungen schützt, als strikt im Sinne der Google-Guidelines zu agieren.

Sein lassen: Solange sie nicht schaden, solle man brisante Links behalten, denn …**

Sich von der DTOX-Link-Distanzierung zu distanzieren, erschien im tagSeoBlog aber als eine nicht weniger legitime Haltung. Hierzu wurde unter anderem ins Feld geführt:

  • Letztlich verstehe niemand den Google-Algorithmus. Was aus menschlicher Sicht ‚hässlich‘ aussehen mag, könnte die Suchmaschine ja durchaus anders bewerten.
  • Es sei sogar die Frage zu erwägen: Stellt bei seriösen Domains ohne Ranking-Probleme womöglich gar kein Backlink ein negatives Signal für Google dar, sondern jeder Link ein mindestens „neutrales“?
  • Eingedenk dessen: Es sei gar nicht zu vermeiden, dass Domaininhaber und SEOs eine gewisse Anzahl an Links ‚unschön‘ finden werden. Doch inwieweit, so die implizite Frage, darf diese menschlich-subjektive Sicht als Maßstab dienen?
  • Beim Disavow gehe es nicht primär darum, das Google Ranking zu verbessern. Vielmehr darum, (eventuellen) Ranking-Einbußen vorzubeugen. Aber sei solches Vorausdenken nicht gewissermaßen als Degenhieb ins Blaue zu sehen?
  • Es sei schon beobachtet worden, wie nach einem Disavow die Sichtbarkeitskurve einer Domain nicht stieg oder konstant blieb, sondern im Gegenteil kontinuierlich gesunken sei – bis hin zum „schleichenden Tod der gesamten Domain“.

Summa summarum (II): Auch verdächtige Backlinks könnten Ranking-relevant sein – in diesem Fall wäre (vor)schnelles Disavowen gar kontraproduktiv. Solange Google die Domain wegen der Links nicht abstraft, sollte man demnach eben nichts unternehmen.

Unsere Position: Das Disavow Tool ist eine Waffe, die Umsicht verlangt

Was dürfen Domaininhaber in der heiklen Disavow-Frage nun von der OMSAG erwarten? Natürlich raten wir oft genug zum Einsatz des Google-Disavow-Tools. Und zwar dann (nur dann), wenn die Indizien überzeugend für eine direkte Korrelation zwischen Backlinkprofil und Ranking-Verlusten sprechen. Dann sagen wir: nicht sein lassen, sondern den Disavow zücken! Ehe wir uns dazu allerdings durchringen, führen wir stets eine akribische händische Einzelprüfung der als potentiell ‚giftig‘ eingestuften Backlinks durch. Denn, theatralisch gesagt: Die wirkliche Schädlichkeit eines jeden Links zweifeln wir zunächst einmal an – in dubio pro link! Man darf schließlich eines nie vergessen: Programme, welche das DTOX-Risiko eines Links bewerten (auch wir nutzen unter anderem die leistungsstarken LinkResearchTools (LRT) dafür), gehen dabei nach einem festgelegten Kriterienkatalog vor. Wenn ein Link ins DTOX-Raster fällt, heißt das daher vor allem genau das: der Link fällt, unter gewissen Gesichtspunkten betrachtet, ins DTOX-Raster. Dass er tatsächlich schädliche Wirkung entfaltet, ist damit indes noch nicht gesagt; nicht umsonst geben die LRT eine „Prüfpriorität“ für einzelne Links aus (und empfehlen manuelle Nachkontrolle in den FAQ gleich mehrmals), statt etwa von deren konkreter ‚Schädlichkeit‘ zu sprechen. Was an Backlinks laut Tool also geprüft werden soll, das klopfen und tasten wir auch ab. Liegt ein Linknetzwerk vor? Haben wir es mit einer Spamseite zu tun? Gib es minderwertige Inhalte? Und so fort.

Doch selbst wenn derlei Fragen mit ‚ja‘ zu beantworten sind, ist unserer Meinung nach Vorsicht geboten. So fragwürdig oder ‚unnütz‘ Links nämlich auch aussehen mögen: Aufgrund unserer Erfahrung stimmen wir dem zu, dass solche Links einer Domain dennoch nützen können. Sie können sogar äußerst wichtig für die Rankings und damit die Gesamt-Sichtbarkeit in den Suchergebnissen sein. In genau solchen Fällen kann nach einem Disavow der im tagSeoBlog erwähnte „schleichende Tod“ einsetzen. Über die Gründe lässt sich freilich munter spekulieren. Manche unserer Fälle sprechen etwa dafür, dass der Google-Algorithmus mit Links wirklich anders umgeht, als ein menschlicher Beobachter es voraussagen würde. Was – so verwegen es klingen mag – mitunter so anmutet, als nähmen die Googles-Crawler selbst die SEO-Richtlinien weniger ernst als wir SEOs. Aus diesem Grund lassen wir den Disavow im Waffenschrank, solange die Analysedaten deutlich aussagen: Diese Domain ist gesund und / oder zeigt keine Anzeichen einer Penguin-Bestrafung. Auch Links aus rein kosmetischen Gründen für ungültig zu erklären – Stichwort ‚schönes‘ Linkprofil –, halten wir dann meist für wenig sinnvoll. Denn, noch einmal: Wer opfert denn gerne Links, die sich offenbar nicht negativ auswirken, die im Gegenteil sogar positiven Einfluss nehmen könnten? Wir jedenfalls nicht.

Unser Fazit: immer schön vorsichtig sein

Bei der Frage ‚To disavow, or not to disavow?‘ sind wir also letztlich flexibel. Wir erleben auf der einen Seite Fälle, in denen sich die Bereinigung des Linkprofils als höchste Pflicht erweist. Doch solange wir nicht sicher davon ausgehen können, dass (einzelne) Backlinks – so ‚hässlich‘ sie aussehen mögen – schädlich wirken, schlagen wir uns lieber auf die Seite der Unterlasser. Die Domain nachhaltig im Visier behalten tun wir aber immer. Denn für den Ernstfall gilt es stets gerüstet zu sein: Manchmal erweist sich ein Disavow trotz der genauen Eruierung als Fehler und muss schleunigst revidiert werden. Umgekehrt erweist sich zuzeiten das Nichtstun als Irrweg und das Disavowen entsprechend als eiligst geboten. Dieses akute Eingreifen geht übrigens in der Regel in beide Richtungen recht problemlos; wir für unseren Teil haben nicht den Eindruck, dass zwischen Einreichung einer Disavow-Datei und der Reaktion seitens Google eine schier unerträglich lange Zeitspanne verginge.

Klitzekleine Shakespeare-Schlusspointe: Von Hamlet wissen wir, dass er sich zuletzt zum Handeln entscheidet. Und wir wissen auch, wohin das führt: Das Gift trifft auch die Falschen, und am Ende sind alle tot. Nun ist eine Domain sterben zu sehen, für Domaininhaber wie SEOs ein gleichermaßen bitterer Anblick – egal ob wegen giftiger Backlinks oder wegen eines fälschlich verabreichten Disavow-Gegengifts. So oder so will das niemand sehen. Deshalb unser dramatisches Plädoyer zum Schluss: Disavow-Entscheider dieser Welt! Möge der Disput im tagSeoBlog (und weitere Dispute dieser Art) nicht umsonst entbrannt sein! Zieht eure Lehren aus den dort gegebenen Argumenten und Beobachtungen! Handelt mit Umsicht! Schaut stets genau hin! Vergesst nicht, dass scharfe Waffen eure Freunde wie eure Feinde zu verletzen vermögen, wenn man unvorsichtig mit ihnen umgeht! Und teilt eure Erfahrungen mit den anderen! Und damit Vorhang zu – exit OMSAG.

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* Wir bedienen uns mit „DTOX-Risiko“ eines Terminus’, den innerhalb der Branche der Suchmaschinenoptimierung die LinkResearchTools geprägt haben.

**Quelle jeweils: http://www.tagseoblog.de/ranking-verluste-durch-disavow-update

To disavow, or not to disavow? Ein kleiner Nachtrag zu „Linkprüfpriorität“

**Update 22. März 2016**

Das Spannende an Suchmaschinenoptimierung ist ja: Man muss ständig auf Veränderungen gefasst sein. Kaum schicken wir unseren Disavow-Hamlet ins Gefecht und sprechen über sein Verhältnis zur „Linkprüfpriorität“, als das Team der LinkResearchTools (LRT) prompt ein umfassendes Update verkündet, das genau diese Kategorie für „obsolet“ erklärt. An unseren Ausführungen ändert das zwar nichts, und unverändert halten wir „Linkprüfpriorität“ für eine in diesem Kontext äußerst treffende Bezeichnung, darauf hinweisen möchten wir aber natürlich trotzdem.

Was ist passiert? Nach offiziellen und taufrischen LRT-Angaben – wir beziehen uns auf die Ankündigung in der internen Facebook-Gruppe „LRT Associates“ vom 14. März – wurde der DTOX-Algorithmus in mehrfacher Hinsicht optimiert. Wir (und damit unsere Kunden, versteht sich) werden daher von noch genaueren Ergebnissen profitieren, die außerdem mit noch ausführlicheren Daten unterfüttert sind. Und eben die „Linkprüfpriorität“ („Link Audit Priority“) wurde im Zuge dessen als separate Bewertungskategorie aus den LRT-Statistiken verbannt.

Wohlgemerkt: als separate Kategorie. Das heißt nicht, dass die Linkprüfpriorität einfach verschwunden wäre oder überhaupt nicht mehr existierte. Vielmehr ist es unseres Wissens so, dass die entsprechenden Analyseergebnisse ab sofort in die Kategorie „DTOXRISK“ mit einfließen. Für das DTOXRISK gibt es ja die ganze Zeit schon zwei Datenblöcke. Zum einen eine Ziffer, deren Höhe die Risikoeinschätzung durch die LRT-Metriken präzisiert, zum anderen eine Risikobewertung, deren Skala von „sehr niedrig“ bis „hoch“ reicht. Da nun künftig jene Metriken, die bei der Linkprüfpriorität zur Ausgabe der Prioritätsgrade „hoch“, „mittel“ und „niedrig“ geführt haben, bereits in die Ergebnisse der DTOXRISK-Metrik integriert sind, können wir von jetzt an alleine aus den letzteren herleiten, wie akribisch wir einen Backlink durchleuchten sollten.

Im Grunde haben also die LRT durch die Abschaffung der Kategorie „Linkprüfpriorität“ die Darstellung für uns SEOs vereinfacht. Und die Statistik entschlackt. Dankenswert! Aber dennoch, liebes LRT-Team: Die bisherige Terminologie wird bei uns sicher noch nachwirken. Intern werden wir sicher noch eine ganze Weile von Linkprüfprioritäten reden, wenn es um Feldzüge im Namen der Frage „To disavow, or not to disavow?“ geht.

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