Home
Kunden

Krise? Neuanfang? Aufbruch? Wo geht es hin für Marketer in 2024? Unser DMEXCO-Expertenrecap

Auch dieses Jahr (2023) waren wir wieder mit einem Team auf der DMEXCO in Köln vertreten. Wir waren zur dritt und haben uns aufgeteilt, damit wir euch einen breiten/umfangreichen Bericht darüber erstellen können, welche aktuellen Entwicklungen die Mehrheit der Marketingcommunity wurmen, worin deren Herausforderungen liegen und wie ihr im Jahr 2024 darauf reagieren könnt bzw. am Ball bleibt.

Was ist für die nächsten Monate aus unserer Sicht für CMOs und Marketers wichtig/entscheidend? Lest unseren Beitrag durch und erfahrt es, um perfekt auf das kommende Jahr vorbereitet zu sein!

Alles Krise … oder doch Chance?

Vortrag: State of Digital Marketing 2023 und ein neues Produkt mit Markus Caspari (Dentsu), Holger Schmidt (FAZ) und Johannes Winkelhage (FAZ)

Bevor wir uns mit den aktuellen Trends beschäftigen, möchten wir über die derzeitige Situation des Digitalen Marketings sprechen. Trotz stetigem Wachstum in den letzten Jahren gibt es nach wie vor einen Anstieg des Online-Werbemarktes in Deutschland. Allerdings lässt sich ein deutlich flacherer Anstieg erkennen, wobei sich dies von Jahr zu Jahr ändern kann.

Panel-Diskussion: Zwischen Krise und Aufbruch – wie steht es um die Werbewelt im Jahr 2023?

Immer mehr Unternehmen/Marketing-Verantwortliche geraten unter Druck und stellen ihre Marketingbudgets infrage. Investitionen in Digital (Customer) Experience finden jedoch weiterhin statt, während Budgets für Produkte/Innovationen zu Sales verschoben werden. Der Kostendruck auf Kundenseite lässt jedoch den Bedarf an Unterstützung bei Transformationsprojekten/Digitalisierung steigen. Es gibt viel zu tun für digital-spezialisierte Agenturen. Ein paar Beispiele:

  • Unterstützung in der fragmentierten Medien- und MarTech-Landschaft
  • Automatisierung
  • Datenverarbeitung

Für Agenturen und Marketingverantwortliche liegt die Hauptaufgabe in der Orchestrierung von Teams, Skills und Anforderungen. Hier können wir unsere Kompetenzen einbringen, neue Lösungen finden und ja, auch uns selbst in gewisser Weise neu erfinden.

Nachdem wir die aktuelle Situation ganz grob beleuchtet haben, kommen wir im Folgenden zu den aktuellen Themen in der Marketingwelt.

Generative KI

Starten wir mit dem aktuellen Trend im Marketing: KI. Während das Thema beim OMR Festival noch nicht in diesem Ausmaß im Fokus stand, handelte bei der DMEXCO fast jeder Vortrag von KI und deren Einsatzmöglichkeiten. Denn es betrifft die gesamte Branche und im Gegensatz zum METAVERSE geht es hierbei nicht um einen vorübergehenden Hype, sondern um eine globale Entwicklung, die bleiben wird.

The era of AI is here, and we’re just getting started.

KI ist der Treiber digitaler Transformation und besonders spannend, wo repetitive Arbeit ersetzt und Qualität verbessert wird. Die Integration in bestehende kreative Prozesse und der Austausch sowie die Befähigung von Teams sind der Schlüssel, neue Wertschöpfungsketten und Lösungen zu entwickeln.

Besonders spannende Felder aus unserer Sicht sind dabei:

  • Analyse großer Mengen von Marketing-/Kundendaten
  • Unterstützung bei Zielgruppenanalyse und -beschreibungen
  • Testen von Werbemitteln und Kommunikationsstrategien an synthetischen Personas
  • Customer-Journey-Simulation
  • Nutzung von KI zur Ablösung vom (Marketing-)Monolog hin zum Dialog
  • Kreativer Bereich (Ideenfindung)
  • Coding
  • Planung und Erstellung von Creatives

Generative KI

BVDW Masterclass: Wie KI das E-Mail-Marketing revolutioniert – mit Sarah Westhoff (Territory GmbH), Stefan von Lieven (artegic AG) und Benjamin Dageroth (Mapp)

Von one-fits-all über A/B-Testing und Multi-Varianten-Tests bis hin zu 1:1-Targeting. Durch die KI basierte Analyse von Nutzerdaten und -interessen wird die personalisierte Ansprache mit E-Mail-Marketing auf eine neue Stufe gehoben. Bei der Erstellung von personalisiertem Content gilt noch: Aufpassen! (Stichwort: “Halluzinationen”). Aber das Potenzial der feinen Segmentierung ist enorm. Durch die Automatisierung des Testings können bis zu 6-fache Performance-Uplifts erreicht werden.

Ein Blick in die Glaskugel: KI als digitaler persönlicher Assistent wird klassische KPIs im E-Mail-Marketing über den Haufen werfen, da E-Mails immer geöffnet und Links immer geklickt werden? Das Thema bleibt spannend.

Nachhaltigkeit, Nachhaltigkeit, Nachhaltigkeit

Vortrag: Immer weiter! Immer höher! Immer schlimmer? Wie müssen wir für mehr Klimaschutz die Werbung verändern? Ein wirklich stark vertretenes Thema dieses Jahr – auf vielen Ebenen.

ESG- und CSRD-Gesetzgebung

BVDW Masterclass: ESG, CSRD oder ESRS – wie sich Nachhaltigkeit auf die digitale Wirtschaft auswirkt

Die “Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD)” steht vor der Tür und sie zwingt große sowie mittelständische Unternehmen dazu, verbindliche Nachhaltigkeitskriterien in Produkte, Prozesse und Lieferantenbeziehungen aufzunehmen. Die CSRD-Anforderungen betreffen allein in Deutschland über 15.000 Unternehmen und beinhalten die gesamte Supply-Chain. Davon werden also auch externe Dienstleister wie Agenturen und Kreative betroffen sein, da unsere Kunden auch ihre Lieferanten und Dienstleister in ihre Berichte mit einbeziehen müssen. Höchste Zeit, sich dahingehend Gedanken zu machen und sich frühzeitig zu positionieren.

Die kommenden Anforderungen hinsichtlich Nachhaltigkeitsberichten zwingen uns dazu, uns über die ökologischen und sozialen Auswirkungen unserer digitalen Werbestrategien bewusst zu werden und darüber Rechenschaft ablegen zu können.

Einfluss von und Möglichkeiten für Agenturen

Für uns Agenturen ist hier insbesondere der sogenannte Scope 3 relevant, also solche CO2-Emissionen, die aus externen Quellen anfallen (primär Kreation und Distribution von Werbemitteln). Ein paar Beispiele, um das greifbarer zu machen?

  • 2 Mio. Ad Impressions (das ist wirklich nicht viel) erzeugen ca. 1 Tonne CO2 – das entspricht einem Flug von Zürich nach Gran Canaria und zurück.
  • Der größte Teil des CO2-Fußabdrucks entsteht in der Kreation (20 %) und Distribution (60 %) von Kampagnen.
  • Gerade der Energieverbrauch für Datentransfers von (Video-)Content über mobile Datennetze ist mit anteilig 84 % extrem hoch.

Als Agenturen befinden wir uns mitten im Spannungsfeld zwischen Verantwortung und dem Befeuern des Konsums.

Verhalten und Erwartungen der Konsumenten

Vortrag: Between sustainability and enjoyment of life: How Genz Z is looking for a way to combine the two, Rene Lamsfuss, Publicis Media GmbH

Nach der aktuellen „Publicis Media“-Studie vom August 2023 ist Nachhaltigkeit durchaus ein generationsübergreifendes Thema. Allerdings gibt es Unterschiede bei der Wichtigkeit der verschiedenen Konsumfelder. Ist der „Gen Z“ das Thema Nachhaltigkeit z. B. bei Lebensmitteln und Mobilität besonders wichtig, nimmt es bei dieser Gruppe in den Feldern Elektronik und Urlaubsreisen deutlich ab. Die „Boomer“-Generation – der häufig eine Gleichgültigkeit gegenüber Nachhaltigkeitsthemen vorgeworfen wird – zeigt hingegen in allen abgefragten Feldern das ausgeprägteste Bewusstsein für Nachhaltigkeit.

Spannend in diesem Zusammenhang ist auch eine Befragung der Refurbished-Plattform blackmarket.com unter ihren Kunden. Demnach sehen generationsübergreifend 27 % der Konsumenten Firmen in der Verantwortung für die Bekämpfung des Klimawandels. In der „Gen Z“ legen weltweit mehr als 30 % bereits den Fokus auf nachhaltigen Konsum (in der EU ist der Anteil sogar noch höher). 62 % wollen von nachhaltigen Marken kaufen. Trends wie „Fix-it-yourself“ und das Wachstum in der Refurbished-Branche sind klare Anzeichen für einen Wandel im Konsumverhalten.

Die Message aus verschiedensten Richtungen ist klar: Die Erwartungen der Konsumenten hinsichtlich Nachhaltigkeit steigen an. Über 50 % der Kunden haben bereits verschiedene Erwartungen an Unternehmen bezüglich deren Nachhaltigkeitskriterien. Und in der Komplexität und Wucht wird ESG/CSRD größer als die Umsetzungen der DSGVO.

Was will die “Generation Z”?

Vortrag: Decoding Gen-Z, Maurice van gen Hassend, Intermate Media GmbH

Vorangestellt: Die Bedürfnisse der “Gen Z” zu kennen, heißt nicht, sie auch zu verstehen. Wichtig ist, die “Gen Z” in Communitys zu denken und hierbei noch tiefer zu segmentieren, da die Nutzungsgewohnheiten mit digitalen Geräten und Medien sich noch mal unterscheiden:

  • Mini Millenials (1995–2000) > Wechsel von analog zu digital
  • Core Gen Z (2001–2007) > Kindheit war zunehmend digitaler
  • Mini Gen Z (2008–2010) > Technologie schon Standard
  • Core Gen Alpha (2011–2015) > Technologie ist allgegenwertig

So gibt es innerhalb der Communitys Präferenzen für unterschiedliche Kanäle. Ca. 28 % der TikTok-Nutzer haben z. B. keinen Instagram-Account, bevorzugen also “Real-Content“ und lehnen “Glossy-Content“ eher ab. Social Media wird zum Google der “Gen Z”.

“Be Real“ ist auch ein entscheidender Erfolgsfaktor bei der Content-Produktion für TikTok. “Inhalt first – quality second”, ist die neue Devise. Bevorzugt wird Content, der Lebensrealität widerspiegelt. Diese Art von Ehrlichkeit zu zeigen, heißt auch, Schwächen zu offenbaren. Allerdings lassen sich diese positiv behandeln, wenn an ihnen gearbeitet wird. Die Einbeziehung der Community bei der Lösungsfindung erzeugt wiederum neuen “Content“ und somit mehr Reichweite.

Als “ältere“ Marketeers müssen wir uns bei der Entscheidung über und Freigabe von Content zurücknehmen, denn: Wir sind nicht die Zielgruppe. Es gilt loszulassen und “den Jungen“ zu vertrauen. Die Produkte/Leistungen unserer Kunden müssen so inszeniert werden, wie die Zielgruppe sie inszenieren würde. Die Kunst liegt darin, zu sagen, dass das Produkt geil ist, ohne zu sagen, dass das Produkt geil ist – alles klar? ?

Retail Media – neuer Megatrend am Horizont?

BVDW Masterclass: How to Retail Media: Was will der Markt und was geht heute? Mit Nina Ascheron-Polter (Bonial International GmbH), Moritz Hoffmann (Pilot) und René Lamsfuß (Publicis Media GmbH)

Auf der Messe schön zu sehen: Große Shops wie z. B. OTTO zeigen als Vermarkter von Werbung in ihren reichweitenstarken Plattformen Präsenz. Jährlich ist ein Wachstum von 22 % zu sehen. Die Vorteile für die Marken/Hersteller liegen auf der Hand:

  • Erschließung neuer Umsatzkanäle
  • Platzierung von Produkten im Long-Tail
  • Höhere Performance im Vergleich zu anderen Awareness-Kanälen (im Case +440 % Conversion Rate/+44 % Umsatz pro Transaktion

Aber es gibt noch große Baustellen.

  • Sorge um neue “Walled Gardens“ (geschlossene Systeme) und damit verbundene, uneinheitliche Formate und technische Anforderungen
  • Aktuell keine Skalierbarkeit, da einheitliche übergreifende Standards fehlen (viel manueller Aufwand)
  • Limitationen in der Distribution von kreativen Werbemitteln (aktuell noch sehr limitierte Ad-Formate)
  • Sorge um Datenschutz und Nutzung von aggregierten Nutzerdaten auf Retailer-Seite
  • Uneinheitliche KPIs und damit schwere Vergleichbarkeit zu traditionellen Werbekanälen

Aber definitiv ein spannender Wachstumsmarkt mit Potenzial, die großen Monopole in der Branche aufzubrechen und mehr Alternativen zu schaffen. Sehr zu begrüßen!

Cookieless-Ära – war da was?

Ab Juli 2024 zieht auch Google den Stecker. Keiner ist vorbereitet ?… Damit werden wir uns die kommenden Monate in diesem Blog noch intensiver beschäftigen.

European Accessability Act (EEA) – der DSGVO-Moment für Web Accessibility?

Der Tiger in Brüssel hat scharfe Zähne, wie TikTok, Meta und Google inzwischen auch wissen. Aufgrund des EEA, das ab 2025 greift, wird das kommende 2024 wohl das Jahr der Web Accessability. Neben den drohenden Strafen auch bei uns etwas unter dem Radar bisher: Die Kaufkraft von Menschen mit Behinderung ist gigantisch. (Natürlich) nicht nur deshalb höchste Zeit, das Thema “Accessibility“ in unseren Kundenprojekten auf die Agenda zu nehmen:

  • 80 Mio. Menschen mit Behinderung innerhalb der EU, davon ca. 3,6 Mio. Menschen mit Sehbehinderung
  • Diese Menschen verfügen über ca. 0,8 Mrd. Euro Kaufkraft
  • 97 % der Websites sind nicht (solide) accessible. Funfact: von Ausstellern der DMEXCO sogar über 99 %

Das Tool Userway sieht spannend aus, damit werden wir uns mal genauer beschäftigen.

Generative KI im E-Mail-Marketing

Von one-fits-all über A/B-Testing und Multi-Varianten-Tests bis hin zu 1:1-Targeting. Durch die KI basierte Analyse von Nutzerdaten und -interessen wird die personalisierte Ansprache mit E-Mail-Marketing auf eine neue Stufe gehoben. Bei der Erstellung von personalisiertem Content gilt noch: Aufpassen! (Stichwort: “Halluzinationen”). Aber das Potenzial der feinen Segmentierung ist enorm. Durch die Automatisierung des Testings können bis zu 6-fache Performance-Uplifts erreicht werden.

Ein Blick in die Glaskugel: KI als digitaler persönlicher Assistent wird klassische KPIs im E-Mail-Marketing über den Haufen werfen, da E-Mails immer geöffnet und Links immer geklickt werden? Das Thema bleibt spannend.

Digital Services Act 2024

BVDW Masterclass: Road to Digital Services Act 2024 mit Julia Kühne (Axel Springer), Sebastian Grantz (Google) und Daphne van Doorn (BVDW)

Die Relevanz für uns Agenturen und unsere mittelständischen Kunden ist doch eher kleiner, als ich zunächst dachte. Für unsere Großkunden hingegen lohnt sich die juristische Prüfung.

Hintergrund des DSA auf EU-Ebene ist das Verbot und die Eindämmung von illegalen Inhalten (z. B. unsichere oder gefälschte Produkte, irreführende (politische) Werbung oder Hatespeech). Big-Techs wie Google, Meta und Co. mussten bereits zum 28. August 2023 umsetzen, alle anderen Unternehmen haben Zeit bis zum 17. Februar 2024.

Am Beispiel von Google betrafen die Anforderungen primär drei Bereiche:

  1. Anpassungen und Neueinführungen von digitalen Produkten: Stichwort das Ads Transparency Centre
  2. Transparenz hinsichtlich der Prozesse (z. B. zur Freigabe und Ablehnung von Content)
  3. Risikoanalysen und Informationspflichten gegenüber Behörden

Im DSA liegt eine Chance, verlorenes Vertrauen auf Nutzerseite zurückzugewinnen und neue Möglichkeiten der Kontrolle zu schaffen – z. B. in der Konfiguration zu personalisierter Werbung.

Ein Risiko für Werbetreibende liegt in der (teilweisen) Offenlegung von Targeting-Strategien und Creatives.

Fazit

Das waren wirklich zwei interessante und inspirierende Tage auf der DMEXCO 2023. Nachdem die Messe zuletzt “totgesagt“ wurde, müssen wir festhalten, dass wir positiv überrascht sind, mit welcher Tiefe und Aktualität der Austausch stattfand.

Wir freuen uns bereits aufs nächste Jahr und wir sind sehr gespannt, welche Entwicklung in den genannten Themen bis dahin stattfinden wird. Wir von unserer Seite werden definitiv neue Felder zu bearbeiten haben.

ADRIAN SIEVERING

Leiter SEA